Netzwerkveranstaltung Bioökonomie

Der Auftakt der LHZ-Veranstaltungen im Jahre 2024 machte am 10. Januar die Netzwerkveranstaltung Bioökonomie. Die Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz LHZ lud in die Viscosi-Stadt in die Hochschule Luzern Design und Kunst nach Emmenbrücke, wo hochkarätige Referentinnen und Referenten das noch junge Gebiet der Bioökonomie in ihren Referaten und im anschliessenden Podiumsgespräch beleuchteten.

Die Frage nach der Definition des Wortes „Bioökonomie“ wurde interessanterweise erst ganz am Schluss des Abends durch einen Teilnehmer gestellt. Ja, was ist denn eigentlich „Bioökonomie“? Auf Basis nachwachsender Produkte Neues zu schaffen? Die Substitution von ölbasierten mit biobasierten Materialien? Das Schliessen von Kreisläufen im Sinne von: spätere Anwendungen der Materialien schon von Beginn weg mitdenken? Und weil das Wort „Ökonomie“ drinsteckt, soll es nicht nur nachhaltig, sondern auch noch ökonomisch sein? Es gab also mehr als genug Gesprächsstoff an diesem Abend des 10. Januar 2024 in der Aktionshalle der Hochschule Luzern Design und Kunst, wobei sich am Schluss alle einig waren, dass das Thema zwingend in der Holzbranche weiterdiskutiert werden muss und sogar ein Bioökonomie-Netzwerk entstehen soll.

Frische Gurke dank Zellulose
Den Einstieg ins Thema machte Empa-Direktorin Tanja Zimmermann. Sie gab in ihrem Referat einen Überblick zum Stand der Forschung an der Empa und ist überzeugt, dass das Denken in Kreisläufen essentiell für die Zukunft sein wird. Dabei geht es darum, die Materialien möglichst lange im Kreislauf zu behalten und immer wieder zu verwerten. „Holz muss dabei eine grosse Rolle spielen,“ so Tanja Zimmermann. Ein solches Kreislauf-Projekt stellte sie sogleich begeistert vor: Eine Gurke, die mit einem (biobasierten) Zellulose-Gel besprüht wird, welches aus Rüebli-Schalen hergestellt wurde, ist im Gegensatz zur unverpackten Gurke nach zwei Wochen immer noch frisch. Eine absolut innovative Verpackungslösung, mit der man Plastik ersetzen könnte – zusammen mit Lidl Schweiz wolle man dies zur Marktreife bringen.

Inspirierende Referate
Meri Zirkelbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der HSLU Design, Film & Kunst, geht in ihren Projekten der Frage nach, wie man mit einem neuen Produktedesign fossile Rohstoffe nicht nur ersetzen oder ergänzen, sondern ganz neu denken kann. In der Lehre an der HSLU gibt es „material labs“, in denen sie zusammen mit den Studierenden neue nachhaltige Materialkonzepte erforscht und zum Schluss gekommen ist, dass wir erst einen Bruchteil an neuen Materialien kennen. Zellulose spiele dabei immer wieder eine wichtige Rolle.

Lignine (Kitsubstanz im Holzgewebe) und Tannine (Gerbstoffe in der Rinde) sind Substanzen, mit denen sich Ingo Mayer, Leiter Fachgruppe Biopolymere und Holzchemie an der Berner Fachhochschule in Biel, täglich beschäftigt. Auch er sucht mit seinem Team nach Lösungen, um ölbasierte Komponenten mit nachhaltigen Stoffen zu ersetzen. Dabei spielen die natürlichen Klebstoffe im Holz eine tragende Rolle. Aber was im Labor funktioniere, funktioniere nicht immer für die industrielle Nutzung. Die grosse Herausforderung sei es, den Schritt aus dem Labor in die Wirtschaft zu schaffen. Dafür braucht es Zeit, Geld, Geduld und die richtigen Partner.

Den Abschluss des Referatezyklus machte Thomas Mettler, General Manager bei Weidmann Electrical Technology, einem weltweit tätigen Unternehmen, welches sich zum Ziel gesetzt hat, die Welt frei von Mikroplastik zu machen. Zellulose und somit Holz spielt in seinem Unternehmen eine wichtige Rolle, wird es doch in verschiedensten Einsatzgebieten der Elektrifizierung oder auch in der Kosmetik angewendet. Der Krux dabei ist, dass es in der Schweiz keine Zellstoffveredler mehr gibt und dies eine sehr kosten- und landintensive Industrie ist, die man nicht „einfach so“ wieder ansiedeln könne. Die Zellulose muss also vom Ausland bezogen werden.

Die Schweiz ist keine Insel
In der anschliessenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Korintha Bärtsch, IC Infraconsult AG, wurden solche Fragen dann aufgenommen, z. B., ob es sinnvoll sei, diese Industrie wieder in die Schweiz zu bringen. Der Tenor ist aus den oben genannten Gründen eher negativ, viel eher müsse man mit dem Ausland zusammenarbeiten und länderübergreifende Lösungen finden. Gemäss Ingo Mayer geht die Tendenz in Richtung kleinerer Produktionseinheiten, die auf der ganzen Welt verteilt sind und Biomasse zu Holzwerkstoffen verarbeiten, denn infolge der Ressourcenknappheit brauche man eine gewisse Flexibilität. Tanja Zimmermann meint, dass es durchaus möglich sein müsste, in der Schweiz zu „fibrillieren“, d.h. Papiergrundstoffe zu zerfasern.

Der reich befrachtete Abend zur Bioökonomie, der für viele Teilnehmer als inspirierende Weiterbildung angesehen wurde, liess aus Sicht der hiesigen Wald- und Holzwirtschaft viele Fragen offen. Aber der Auftakt für die Annäherung an das Thema Bioökonomie und der Aufbau eines Netzwerks in diesem Bereich ist gemacht. Dies war auch das Ziel des Anlasses – die „Initiierung neuer Netzwerke zwischen Holzwirtschaft und potentiellen Verwertern holzbasierter Inputstoffe“ (aus dem Schlussbericht der Offensive Holz des Kantons Luzern). Das erste Ziel ist erreicht und auf diesem gilt es nun aufzubauen.

Präsentation Tanja Zimmermann zum Download
Präsentation Meri Zirkelbach zum Download
Präsentation Ingo Mayer zum Download
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